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Delilah !

Abenteuer Oldtimer - Faszination Oldtimer - oder warum das Auto Delilah heisst :

DB 18  3 Position Drophead Car

 

Abenteuer oder Faszination Oldtimer ? – oder warum das Auto Delilah heisst.

 

Mir wird ein Daimler aus dem Jahr 1947 , ein 4-sitziges Cabrio angeboten. Zustand innen wie außen sehr gut. Der Besitzer, ( Robert ) ein Engländer, hat ein Haus in Südfrankreich als Sommersitz und möchte dieses Haus verkaufen, weil er mit seiner Frau in Scheidung lebt. Deshalb möchte er  auch den Oldtimer verkaufen – aber eigentlich doch nicht. Es muss aber sein.

 

Er lädt meine Frau und mich  ein, ihn dort zu besuchen. Das Haus hat 8 Schlafzimmer –also überhaupt kein Problem.  Nachdem wir unzählige Mails über den Zustand des Fahrzeuges, den Preis, die Zahlungsmodalitäten ausgetauscht haben, sind wir uns auch über einen Termin einig geworden.

 

Robert hat seinen Hauptwohnsitz in England und hat eine Anreise von mind. 10 Stunden – für mich sind es mit dem Auto rd. 1150 km zu fahren. Ich fahre dann doch alleine. Es ist Anfang Dezember und für einen Kurzurlaub ohnehin nicht mehr die richtige Zeit. Also so schnell wie es geht hin und zurück.  Einen Anhänger nehme ich gleich mit, da ich mir fast sicher bin, das Auto auch zu kaufen. Wenn die Beschreibung stimmt, kann nichts schief gehen, ist es ein gutes Angebot. Wir werden sehen.

 

Die Fahrt verläuft mit einer Zwischenübernachtung kurz hinter Paris ohne Probleme, am Samstag um ca. 15:00 Uhr erreiche ich den kleinen Ort in Südfrankreich. Wir sind um 16:00 Uhr verabredet und Robert kommt auch um 16:15 Uhr angefahren.  Perfekt.

Zunächst bittet er mich in sein Haus, es ist ein kleines Dorf, das Haus aus dem 16 – oder 17. Jahrhundert mitten im Ortskern. Eine großzügige Sommerresidenz auf dem Lande  – so war meine Vorstellung – ist es nicht.

 

Das Haus mit insgesamt 10 Zimmern, einem Schuppen, einer großen Garage und einem verwunschenen fast zugewucherten Garten hat jedoch seinen Charme.  Über dicke ausgetretene Sandsteinblöcke, die als Fußboden verlegt sind, geht es ins Haus. Kein Strom – irgendwo ein Kurzschluss. Schnell wird ein Elektriker aus der Nachbarschaft organisiert. Die Türen sind niedrig, man stößt sich im Dunkeln – im Innen gelegenen Flur gibt es kein Fenster,  ganz besonders leicht den Kopf. In jedem Zimmer steht ein Holzofen, im Wohnzimmer gibt es einen Kamin, in der großen Wohnküche steht ein Monstrum von Holzherd.  Es ist schon ziemlich kalt, eine Zentralheizung gibt es nicht.

 

Na ja – ich möchte mir ja ohnehin zunächst den Oldtimer ansehen, die Garage hat ein großes Tor und von der Straße her fällt Licht hinein. Dort steht ein wunderbarer Jaguar XK 140 in perfektem Zustand und eben der Daimler.  Es ist so eng, das man kaum um das Auto herumgehen kann – und doch schon ziemlich dunkel. Robert gibt mir eine Taschenlampe und ich kann den Daimler inspizieren. In perfektem Zustand, wie zuvor per Mail beschrieben ist er nicht, er hat jedoch seinen Charme und steht recht gut da.  

 

Ich äußere den Wunsch eine Probefahrt zu machen und die Hektik bricht aus. Zunächst muß die Garage aufgeräumt werden. Verschiedene Karosserieteile stehen herum, Werkstattkisten, Reifen und sonstiger Kram müssen zur Seite geräumt werden. Ein älterer Renault, Roberts Alltagsauto für Frankreich, muss weggefahren werden, dann der Jaguar.

 

Robert dreht zunächst eine Runde mit dem Jaguar durchs Dorf, wohl damit alle Einwohner wissen: Robert ist da.  „What a wonderful noise“  sagt der Elektriker, ja da hat er zweifellos recht.   Später stellt sich heraus, dass es sich um eine Replica handelt, mit einem riesigen Motor von einem ganz anderen Auto. Auspuffrohre sind wohl 4 Stück zu sehen, aber ich glaube, es ist eine Attrappe.  Nach einigen Minuten ist dann auch Robert wieder da und macht sich daran den Daimler aus der sehr  engen Garage zu fahren. Es gelingt und wir fahren durch die engen Straßen des Ortes.

 

Die Einwohner haben ja schon gehört:  Robert ist da und viele stehen in den Türen, oder am Fenster und winken uns zu. Robert muss wohl beliebt sein, trotz oder wegen der wundervollen Geräuschkulisse seines Jaguars.

 

Der Daimler surrt nach anfänglichen Startschwierigkeiten vor sich hin – smoothie  sagt Robert.     Ja, stimmt.

 

Also zurück und den Daimler auf den Anhänger. Ich möchte abends noch zurück in das Hotel bei Paris, um am nächsten Tag wieder Zuhause zu sein.

 

Wir bereiten den Anhänger vor, eine wirklich ebene Fläche gibt es in dem Dorf wohl nicht – aber Robert im Daimler nimmt Anlauf und fährt die Rampe hoch. Aber nicht ganz. An einer Stelle geht es irgendwie nicht weiter, die hinteren Räder stehen genau vor einer Kante des Anhängers, zu schräg das Gelände, doch zu wenig Schwung ?  Der Wagen steht. Und steht. Robert hat die Handbremse angezogen, damit das Auto nicht zurückrollt und jetzt blockieren die Bremsen. Der Wagen steht schief, zu 3/4 auf dem Anhänger, es geht nicht vor und auch nicht mehr zurück.

 

Inzwischen ist es fast 20.00 Uhr, nur noch 5 Grad Außentemperatur und ein leichter Nieselregen hat sich eingestellt. Na toll !

 

Das Auto steht. Wir stehen um Anhänger und Auto herum. Robert sitzt im Auto und tritt auf die Bremse. Wenn sich das Auto selbstständig macht, ist es vermutlich erstmal nicht mehr zu retten.

 

Einige Anwohner kommen mit guten ? Ratschlägen.

 

Ich nicht sprechen französisch und verstehe nur:      Robert -  wir haben ein Problem !

 

Roberts Bein fängt schon an zu zittern, so fest tritt er die Bremse. Ach ja, das Seil der Seilwinde meines Anhängers hat es schon zerrissen.  Was nun ?

 

Der Elektriker hat endlich für Strom gesorgt und kommt aus dem Haus, geht zu seinem Auto und kramt eine Seilwinde hervor. Zunächst ist nur eine endlos lange Kette zu sehen, total verrostet und durcheinander. Er hängt die Kette in den nächsten Baum und sortiert.

Dann wird die Seilwinde am Auto angebracht, das andere Ende am Anhänger. Wir versuchen das Auto mit blockierter Bremse auf den Hänger zu ziehen. Leider klappt es nicht gleich, die Seilwinde funktioniert irgendwie nicht. Wir nehmen sie wieder ab und stellen fest, dass der Elektriker das Seil nicht nur um die Vorderachse, sondern auch um die Lenkstange geführt hatte. Diese ist jetzt total verbogen.

 

Er sagt: merde  ( das hab ich verstanden ) 

 

Ein weiterer Versuch. Die Auffahrrampe und der Boden des Anhängers sind durch den Regen inzwischen rutschig geworden und das Auto lässt sich auf den Anhänger ziehen. Da steht es nun. Bekomme ich es jemals wieder herunter ? Robert sagt – no problem und erklärt mir, wie die Bremse zu lösen ist. So ganz glaube ich ihm nicht.

 

Will ich das Auto jetzt eigentlich noch? Aber es steht auf dem Hänger, ich muss mich entscheiden.

Neue Verhandlung mit Robert. Er kann nichts dafür, es ist einfach nur Pech. Ich kann aber auch nichts dafür und habe für ein intaktes, fahrbereites Auto bezahlt. Wir vereinbaren einen  (kleinen) Preisnachlass und verzurren das Auto. Die Seilwinde bleibt dran und hält das Auto zusätzlich fest.

 

Es ist schon nach 22.00 Uhr und ich kann endlich losfahren.

Robert kommt noch mal ans Auto und sagt mir er hätte noch was vergessen. Er hätte das Auto immer nach seiner 1. Frau ( verstorben) Delilah genannt und er würde sich freuen, wenn ich das Auto auch weiterhin so nennen würde.   

 

Müssen Autos Namen haben, spinnen die Engländer ?  Na ja - unser Staubsauger heisst Flocki, unsere Spülmaschine Berta.  Wenn meine Frau mich fragt, wo denn wohl Ines ist, meint sie unser Navi.

 

Ich sage Robert – ja mit Delilah habe ich kein Problem und meine den Namen. Ich hoffe natürlich, dass ich mit dem Auto weiterhin auch wenig Probleme haben werden, aber das wird sich noch herausstellen.

 

Es geht los. Probleme habe ich zunächst ( mal wieder ) mit Ines. Ines liebt Abkürzungen und schlägt mir eine Route zur nächsten Autobahn vor. Sie führt mich dabei über Straßen – eher Wege, die so eng sind,   ( und holprig !)  dass ich hoffe, bloss keinen Gegenverkehr zu haben. Davon bleibe ich auch verschont.  Es laufen jedoch komische Tiere über die Straße, etwas pelziges, kein Fuchs, größer mit krummen Rücken. Etwas später Rehe und dann doch ein Fuchs.  Ich muss prüfen, ob das Auto noch gut auf dem Hänger steht, es ist stockdunkel, links und rechts Wald. Aber es muss sein. Delilah steht bombenfest und ich erreiche nach weiteren kurvigen ca. 15 Kilometern ein kleines Städtchen und darauf die Autobahn.

 

Es ist schon 23.30 Uhr – um diese Zeit wollte ich schon im Hotel sein. Die französischen Autobahnen sind extrem gut und ich erreiche mein Hotel dann gegen 02:30 Uhr.  Ein Parkplatz ist schnell gefunden, meine Zimmerkarte habe ich von der ersten Übernachtung noch bei mir  -  leider passt diese nicht !! ??

 

Das Hotel – es sind eigentlich nur einzelne Container, die man zusammengestellt hat, verfügt über keine Rezeption, die nachts geöffnet hat.  Ich gehe zum Auto zurück um dort evtl. ein paar Stunden zu schlafen, da spricht mich ein junger Mann an, ob er mir helfen kann. Er wird wohl meinen Gesichtsausdruck gesehen haben. Es stellt sich heraus, dass er die Nachtwache ist und mir eine neue Karte für das Zimmer ausstellen kann.  Todmüde falle ich dann ins Bett.

 

Am nächsten Tag geht es weiter, kein Stau in Paris, kein Stau rund um Antwerpen, kein Stau in Holland – jetzt habe ich mal Glück.

 

Am nächsten Tag soll das Auto abgeladen werden. Wir heben das Auto auf dem Anhänger mit 2 Wagenhebern an und können darunter kriechen. Das Gewerbeaufsichtsamt oder die Berufsgenossenschaft sollte jetzt besser nicht zuschauen. Aber wir haben erneut Glück, wir können die Bremse lösen und das Auto vom Anhänger direkt in die Werkstatt fahren.

 

Meine Oldtimer Werkstatt befindet sich ganz in der Nähe, sie ist spezialisiert auf englische Klassiker.  Der Inhaber hat mir versichert: wir kriegen alles hin, nur  Du musst Zeit mitbringen – die Schnellsten sind wir nicht.

 

Und das stimmt, doch eine fachgerechte, gründliche Reparatur ist wichtiger als etwas eben schnell zu reparieren und es handelt sich immerhin um einen Oldtimer aus dem Jahre 1947 ! 

 

Jetzt ist die Werkstatt am Zuge. Das Fahrzeug wird gesichtet, es soll zuverlässig und problemlos fahren. Der deutsche TÜV hat ja auch so seine Vorstellungen.

 

Leider hat mich das Glück dann wieder verlassen.

 

Das Auto weist so einige Mängel auf.  Die verbogene Spurstange muss ersetzt werden, das ist klar. Leider hat der Kühler eine Undichtigkeit, muss ausgebaut und repariert werden. Das kostet etliche Stunden an Zeit. Dann stellen wir noch fest, dass eine Blattfeder hinten rechts gebrochen ist. Wohl auch durch das Ziehen des Autos auf den Anhänger. Beide Seiten müssen ausgebaut und komplett überholt werden, sind aber jetzt fast wie neu. Weiterhin macht die Elektrik Probleme, ich vermute dieser französische Seilwindeninhaberhobbyelektriker ist´s gewesen. Es funktioniert alles – die Kabel laufen jedoch derart kreuz und quer, dass wir uns entschliessen, diese komplett – oder doch weitestgehend komplett neu zu verlegen.  Kabelenden sind mit Alufolie zusammengedreht – typische Stellen, die später einen Kurzschluss oder Ausfall verursachen.

 

Mir wird klar, ein Elektriker war´s wohl nicht wirklich  – immerhin hatte er mir die alte Seilwinde geschenkt. Das ist ja auch was.

 

Inzwischen sind nun jedoch alle Mängel behoben, eine längere Reparaturliste liegt mir vor – mit den Kosten habe ich so nicht gerechnet – aber es ist eben ein Abenteuer, ein altes Auto zu kaufen.

 

Der Vorteil allerdings ist, es sind jetzt wirklich viele Dinge fachgerecht repariert, die den Wert des Autos steigern.  Die Blattfedern wären womöglich im nächsten Schlagloch gebrochen. Nun wird sie wohl wieder über 60 Jahre halten und dann sehen wir mal weiter.

 

Jetzt geht es zum Tüv, es sollte problemlos gelingen Delilah in Deutschland auf die Straße zu bringen

 

Ich freue mich darauf, es ist inzwischen April und die ersten Sonnenstrahlen locken schon moderne Cabrios heraus.  Ich freue mich auf die ersten Fahrten mit Delilah.

 

Leider ist die Abnahme doch noch nicht problemlos, der Tüv beanstandet noch einige Dinge, die sich aber recht schnell beheben lassen. Im 2. Anlauf klappt es dann und ich kann den Wagen abholen.

Inzwischen ist es schon Mai geworden

 

Anfangs ruckelt es etwas, das Auto wurde lange nicht bewegt und muß sich erst etwas wieder einfahren. Schon nach 10 Kilometern ist der Motor auf Betriebstemperatur und ich kann die Geschwindigkeit steigern. Erst 50 km/h – dann langsam bis max. 80 km/h herauf. Der Wagen läuft wirklich spitze. Ich freue mich und denke: klasse – der ganze Aufwand hat sich gelohnt.

 

Doch dann:

Der Motor stottert, ich schaffe es gerade noch auf den Grünstreifen neben der Straße, dann geht der Motor aus.   Delilah !   Was soll das jetzt, soeben habe ich Dich noch gelobt !

 

Aber es ist nichts zu machen, es kommt kein Kraftstoff an, der Anlasser dreht – aber ohne Sprit geht nichts. Es stellt sich heraus, dass nachträglich eine elektrische Benzinpumpe, welche nicht serienmäßig verbaut wurde, eingebaut wurde.  ( wieder dieser „Elektriker“ ? ) und diese einen Kurzschluss verursachte. Eine Sicherung war defekt und wird ausgetauscht.

 

Also nur ein kleiner Fehler, der schnell behoben werden konnte.

Inzwischen habe ich erste  Fahrten unternommen und auch schon die erste Fahrt mit Fahrgästen gehabt. Alles verlief reibungslos. Bei strahlendem Sonnenschein, in diesem wunderschönen 4 – sitzigen Cabrio – mit offenem Dach zu fahren ist einfach herrlich.

 

Dann versteht man Daimlers Slogan  „Smooth as flight“  - bei mäßigem Tempo auf der Landstraße, der Motor kaum zu hören, auf dem Vordersitzen vom Fahrtwind umsäuselt …   perfekt.

 

Delilah,     67 Jahre alt und kein bißchen müde ….

 

Abenteuer Oldtimer ?  - ja !

Faszination Oldtimer  ? auf jeden Fall !

 

Robert mußte ich noch versprechen, ihm einige Fotos von Delilah auf deutschen Straßen zu schicken, was ich inzwischen getan habe.

 

Nordhorn, im Juli 2014 

 

 

 

 

 

 

 

zusammen mit einem Jaguar noch in der Garage in Südfrankreich
Robert fährt den Jaguar aus der Garage, das Auto ist so laut, dass der Staub von den Balken rieselt.
Zuerst eine Runde durchs Dorf, damit jeder weiss: Robert ist da !
Der Daimler mit halb geöffnettem Dach vor der Garage
Auf dem Trailer, kurz vor Paris am nächsten Tag
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